(dor) Appetitliche Gerüche wehen den Besuchern schon im Treppenhaus entgegen. Ganz leckere Essen gekocht hatten Schüler für die Besucher beim Tag der offenen Tür in der Ernst-Reuter-Schule. Die Klasse 9a ließ die Gäste versuchen, aß aber auch selbst am Tisch, genauso wie in einer typischen Unterrichtssituation, die hier abgebildet wurde. In diesem einwöchigen Wahlpflichtunterricht der Klassen sieben bis zehn wird gekocht. „Die Schüler und auch Lehrer bringen ihre Zutaten selbst von zuhause mit, bereiten das Essen hier zu, und dann essen wir alle auch gemeinsam“, erläutert Nadine Kuhn, Lehrerin für Ernährung und Textiles Gestalten. „Das macht Riesenspaß, wird super angenommen und ist ganz toll.“
Die Ernst-Reuter-Schule (ERS) öffnete am Samstag ihre Pforten und lud zum „Tag der offenen Tür“ ein. Von 10 bis 12 Uhr hatten alle Interessierten, Schüler und Eltern die Möglichkeit, die Ernst-Reuter-Schule mit all ihren Schulformen kennen zu lernen. Viele Angehörige wollten einfach auch mal zusehen und beobachten, wo und womit sich ihre Kinder während des Schulalltags beschäftigen. An Ständen im Eingangsbereich, unter anderem von Schulleitung, Förderverein, Schulsozialarbeit und der Nachmittagsbetreuung sowie des Schulelternbeirats und der Schulkleidung gab es etliche nützliche Informationen über das Leben und Arbeiten in der seit 2014 inklusiv arbeitenden Integrierten Gesamtschule (IGS).
Bei der Begrüßung enthüllte Schulleiter Matthias Hürten eine besondere Holzskulptur, welche die Schule während des ganzen Jahres, eines ebenfalls besonderen Jahres, begleiten wird. 2018 begeht die ERS ihr 50jähriges Bestehen. Aus der Historie erzählten einige Bilder, Fotografien und Zeitungsausschnitte. Verschiedene Veranstaltungen werden im Laufe des Jubiläumsjahrs folgen.
Bei regelmäßigen Führungen lernten zahlreiche Teilnehmer nicht nur Schulgebäude und Gelände kennen, sondern erhielten auch Einblicke in verschiedene Unterrichtssituationen. Hervorragend klappte das bei besagter Kochshow wie auch im einzelnen Fachunterricht, in der Bikeschool („eines unserer Highlights“) mit ihrer Fahrradwerkstatt oder in der Zukunftswerkstatt mit diversen Bausteinen der Berufsorientierung, wo Schüler, die „Lego-Skorpions“ zeigen, womit sie sich hier gern beschäftigen. Beim System Lego-Mindstorms werden kleine Roboter zusammengebaut und programmiert. Höchst motivierend für die Schüler ist die Teilnahme an Wettbewerben wie die First-Lego-League.
„Romeo“ heißt die im Terrarium des „Offenen Treffs“ zu bestaunende Bartagame, dem kostenlosen Betreuungsangebot ab Klasse fünf mit Spiel‑, Bewegungs- und Kreativangeboten für drinnen und draußen. Durch Küche und Bistro ging es in den Raum nebenan, wo in der Mediothek Bücher und mehr angeschaut und ausgeliehen werden können.
Zudem gab es Aufführungen und Präsentationen der Schulband, des Schulchors und der Tanz-AG, dazwischen ein von der Schülervertretung betriebenes Glücksrad mit zahlreichen, tollen Preisen und viel Abwechslung in den offenen Klassenzimmern: Geometrie erleben, hieß es da, Wie Töne entstehen, von Entdeckern und Eroberern der frühen Neuzeit, Politikwissenschaft oder Kunstwerkstatt. Die Grundstufe stellte sich mit Stationsarbeit vor, Poesie und Mathematik, Kulissenbau für Theater oder Gedicht- und Druckwerkstatt.
Von Klasse vier nach fünf
Beim Wechsel von der vierten in die fünfte Klasse, also in die weiterführende Schule, befinden sich die Kinder in der Vorpubertät und seien mit sich selbst beschäftigt. Das meint Raquel Couto-Martins, deren Sohn Dario zehn Jahre ist und vor dem großen Schritt steht. Die Mädchen seiner Klasse werden eher ins Gymnasium wechseln. „Die sind auch nochmal anders, in ihrer Persönlichkeit. Bei den Jungs, da gehört viel eher Rangeln dazu, das Sich Messen.“ Das scheint der 40-Jährigen eher an der ERS möglich. „Gerade, wenn die Kinder schon hier in der Grundschule waren“, findet sie, „bewegen sie sich sicher und kommen dadurch weiter, trauen sich mehr. Besonders Kinder, die trotz gymnasialer Empfehlung hierbleiben, können sich neu entdecken und die Lust am Lernen dabei nicht verlieren.“ Hier wachse man vielschichtiger und vielfältiger auf.
Die meisten hätten in dem Alter eine geringere Frustrationstoleranz, und fühlten sich, wenn sie schlechte Noten schreiben, im Lernen gehemmt. „Die Kinder, gerade in der heutigen Zeit, brauchen Struktur und Kontinuität.“ Und Dario? „Sport ist mein Lieblingsfach, Deutsch mache ich nicht gern.“ Die Fußball-AG gefällt ihm am allerbesten, dicht gefolgt von der Bikeschool. Viele Kumpels, gibt er Auskunft, blieben auch hier an der ERS.
Noch wenige Mitglieder hat eine neue Nachmittags-AG, die sich mit Bienen beschäftigt. „Bis jetzt haben wir Seifen, Labellos und Kerzen aus Wachs hergestellt. Das hat immer richtig viel Spaß gemacht. Der Besuch beim Imker auch“, berichtet der 14jährige Jona Cedric Heeb. Zur Unterstützung hilft tatkräftig Imker Gerhard Heil aus Klein-Umstadt mit, der auch Imkerberater ist. „Wir sind sehr dankbar dafür“, sagt Bio- und Chemielehrer Martin Fischer. Und dafür, dass die Bienen-AG im Frühjahr ein Ablegervolk bekommen wird. „Das soll dann auch hier einziehen. Im ersten Jahr wollen wir es so weit päppeln, dass wir vielleicht im nächsten Schuljahr ein so genanntes Wirtschaftsvolk haben und eventuell auch mal Honig schleudern können.“
Unheimlich spannend findet Lehrer Fischer das Thema. „Weil die Schüler nicht nur das Imkern lernen, wo es in erster Linie um die Gewinnung von Honig geht, sondern ganz generell das Thema Nachhaltigkeit behandeln, Bestäubungsleistung, den Umgang mit Lebewesen, Verantwortung übernehmen. Das sind unsere Hauptintentionen.“
Alica Hillerich hat sich hier angemeldet, weil sie es ganz interessant fand, zu wissen, wie das eigentlich mit Bienen so ist: „Weil, ohne Bienen würde es eigentlich gar nichts mehr geben. Die müssen ja alles bestäuben. Dann würde ja auch nichts mehr blühen.“ Obwohl die fast 13-Jährige auch schon mal gestochen wurde, findet sie: „Man muss ja auch ein bisschen Respekt vor den Bienen haben. Es sind ja Tiere und Lebewesen. Die wollen halt nur ihre Königin beschützen.“