Jeden Tag sterben 37.000 Menschen auf der Erde an Hunger. Umgerechnet heißt das: Alle drei Sekunden verhungert jemand. Das erfuhren die Groß-Umstädter Jugendlichen, die am Freitag das Theaterstück „Global Playerz“ in der Stadthalle sahen. Zahlen und Fakten einerseits, wie zum Beispiel, dass auf der Erde zwei Milliarden Menschen mangelernährt sind, hörten die 15- bis 16-Jährigen. Zum anderen erlebten sie in einer bunt-schrillen Musical-Inszenierung des Theaters Sonni Maier am Beispiel dreier Freundinnen, wie jeder einzelne, noch so kleine Schritt zählen kann und bekamen Zusammenhänge über Hunger, Armut, Lohnausbeutung und Kinderarbeit aufgezeigt, über globale (Un)Gerechtigkeit und Fairtrade.
Ob es um die Herkunft der Kakaobohnen ging, die in jeder hierzulande gekauften Schokolade zu finden sind, oder um die Möglichkeit, bei deren Kauf oder anderer Produkte auf das Fairtrade-Siegel zu achten, mitunter schien es, als könne man eine Stecknadel fallen hören. Aufmerksam und konzentriert verfolgten rund 100 Neuntklässler der Ernst-Reuter-Schule das Geschehen auf der Bühne, deren Unterricht aus diesem Anlass kurzerhand hierher verlagert worden war. „Sie hatten heute keine Schule“, erklärte Lehrer Volker Hartmann, „stattdessen haben wir gesagt, kommt doch direkt hierher“. Am Freitag begannen nach der dritten Stunde die Herbstferien, so dass die Schüler eigentlich sogar außerhalb ihrer Pflicht hierherkamen.
Manch persönlich berührende, betroffen machende Szenen gab es im Verlauf zu erleben und auch die Konfrontation mit Tatsachen. „Das Schlimmste war für mich, dass die gesagt haben, dass alle drei Sekunden irgendwer dort stirbt“, sagte eine Schülerin.
Dennoch, dieses schwierige Thema jungen Menschen ohne erhobenen Zeigefinger näherzubringen, dafür aber so, „dass es auch ein bisschen Spaß macht“, so die Akteure, schien gelungen – das durchaus komplizierte Thema „Globalisierung und Verantwortung“ jugendgerecht zu erklären und zugleich Mut und Lust zu wecken, selbst aktiv zu werden. Mit viel Musik, Tempo und einer der Lebenswelt Jugendlicher oft angepassten Sprache.
Sich schon im Kleinen für eine gerechtere Welt einzusetzen, dafür hatte die Truppe noch viele praktische Tipps parat. Nach der Aufführung suchten die Schauspieler den direkten Kontakt zu ihrem jungen Publikum und beantworteten in einem Nachgespräch Fragen, nahmen Kritik und Lob entgegen und gaben einfache Ideen mit nach Hause, wie jeder Einzelne die Welt verändern kann.
„Wir haben halt sehr viel schon im Unterricht gemacht“, sagte im Anschluss ein Schüler, „deshalb war für uns nicht viel Neues dabei“. Eine andere Jugendliche: „Ich fand’s gut. Hab schon was Neues gelernt. Ich wusste ja nicht, dass es so viele Menschen auf der Welt gibt, die Hunger leiden. War schon krass.“
Seit einer Woche mache ihre Familie mit beim Plastikverzicht, „also, dass wir kaum noch Plastik in unserem Haus haben. Keine Plastikflaschen mehr, keine Seife und Shampoo in Plastik mehr.“
Eine Schülerin berichtete: „Ich hab‘ zum Beispiel jetzt anstatt Zahnpasta-Tuben Zahnputztabletten. Wir hatten zuhause die ganze Zeit Plastikflaschen und jetzt aber wieder Glasflaschen. Diese ganz weichen Plastikflaschen, die sind ja noch schlimmer für die Meere. Ich find’s halt irgendwie doof, dass die meisten jetzt erst merken, dass es ein Problem ist, dabei hat man das schon vor zehn Jahren gemerkt. Das ist richtig krass.“
Zu Greta Thunberg und ihrem weltweit aufsehenerregenden Engagement für den Klimaschutz meinte eine – ebenso alte – Schülerin: „Ich find’s traurig, dass eine 16-Jährige erstmal was sagen muss, damit alle reagieren. Jetzt fangen alle an und schicken sich solche Bilder – Ja, wer die Welt retten will – und so.“ Man müsse halt was dafür tun und nicht einfach etwas ins Internet stellen. „Das macht ja gar keinen Sinn.“
Organisiert hatte diese Veranstaltung bei freiem Eintritt die Stadt und als Kooperationspartner dafür die Ernst-Reuter-Schule, den Weltladen Groß-Umstadt und die Evangelische Kirchengemeinde gewinnen können. Die Aufführung stellte den Höhepunkt im Rahmen der „Fairen Woche“ dar, an welcher sich die Fairtrade-Stadt Groß-Umstadt unter anderem mit einer Ausstellung im Rathaus und der Übergabe von fairen Fußbällen beteiligte.
Groß-Umstadt trägt seit Oktober 2015 Titel „Fairtrade-Stadt“. Wesentlich trägt dazu auch der Weltladen bei, dessen Vertreter ebenfalls der Aufführung von „Global Playerz“ beiwohnten.
Text: Dorothee Dorschel
Bilder: Ernst-Reuter-Schule & Dorothee Dorschel