Schritt ins neue Leben
Zehntklässler der Ernst-Reuter-Schule feierlich verabschiedet
Text: Dorothee Dorschel (aus: „Odenwälder Bote“ vom 13.07.2021)
Bilder: Dorothee Dorschel & Ernst-Reuter-Schule

„Jetzt stehen wir hier mit unserer Zukunft in der Hand, ohne zu wissen, wie das eigentliche Leben funktioniert.“ Das sagte Schülerin Wiktoria Koziak bei ihrer locker-launigen Rede während der Verabschiedungsfeier aus der Ernst-Reuter-Schule. Ihre Lehrer seien während „unglaublicher sechs Jahre“ die besten gewesen, dankte sie diesen im Namen der ganzen Klasse.
Drei zehnte Klassen wurden am Freitag hier in drei Durchgängen verabschiedet. Insgesamt 75 Schülerinnen und Schüler verließen die Ernst-Reuter-Schule. Im IGS-System hatten sie sich sechs Jahre lang unter der Obhut ihres Klassenlehrers Karsten Reeg entwickeln können, der in seiner Abschlussrede versicherte, „wenn es ums Menschliche ging, wusste ich immer, ich kann mich auf euch verlassen. Das war schön, und das werde ich vermissen. Ich weiß, ich werde euch vermissen“.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und mit einem bis ins Kleinste ausgetüftelten Hygienekonzept ging die Feier im Freien vonstatten. Die Lehrkräfte und auch die Schüler hatten sich einiges ausgedacht, um die Veranstaltung in Anwesenheit vieler Lehrer und nur zwei Angehöriger pro Absolventen möglichst bunt und würdig zu gestalten. Schülerin Jennifer Emmerich performte den Song „Speechless“. Klassenlehrer Karsten Reeg bekam von seinen Schützlingen ein ganz besonderes Zeugnis überreicht, mit durchweg guten Noten für auch ungewöhnliche Fächer. In guter Erinnerung bleiben dürfte allen ihr großer Auftritt, der „Walk“ auf dem eigens ausgerollten, roten Teppich bis hin zur feierlichen Zeugnisübergabe. Jeder Schüler hatte sich für diesen großen Augenblick, der ihm allein gehörte, einen eigenen Begleitsong ausgesucht. Auch einige emotionale Momente wie die Worte des Schulleiters Matthias Hürten oder ihres Klassenlehrers Reeg klingen lange nach, genau die richtige Mischung aus Ernst und Spaß, Nachdenklichem und Witzigem. Hürten sagte, er würde sich freuen, wenn die Schüler bei späterer Nachfrage einmal sagen könnten: „Wir waren auf einer integrierten Gesamtschule, haben dort gemeinsam gelebt, gelernt, gestritten, uns wieder vertragen. Wir sind zu einem guten Abschluss gekommen und hatten eine tolle Zeit an dieser Schule.“ Immerhin hätten sie hier die schwerste Zeit ihres Lebens verbracht, die Pubertät.

„Ein schöner Abschluss“ fand Elias Groß, der in der Nähe von Mainz eine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker anfangen wird. Er wird dafür in den jetzt beginnenden Ferien zu den Großeltern umziehen. Sogar manche Träne verdrückten hauptsächlich die weiblichen Absolventinnen, hauptsächlich wegen der bevorstehenden Trennung. „Es ist schon sehr hart“, fand Angelina Hansch. „Ich war sechs Jahre lang in der Klasse, wir haben schon eine tiefe Verbindung aufgebaut.“ Die 16-Jährige erwarten allerdings bald neue Klassenkameraden in der Alfred-Delp-Schule in Dieburg.
29 Schüler gehen in eine Ausbildung, „vielleicht der richtige Zeitpunkt dafür“. Wie Schulleiter Hürten weiter berichtete, werde der Großteil (42) eine weiterführende Schule besuchen. „Auch ein mutiger Schritt, ihr kommt in völlig neue Schulsysteme und werdet wieder eingeschult wie Erstklässler.“ Drei, von denen er nicht wisse, wie es weitergeht, machten ihm hingegen „noch ein bisschen Sorgen“.

Trotz Pandemie: Die Abschlussklassen der ERS „waren immer da“, wie der die Veranstaltung souverän moderierende Stufenleiter Volker Hartmann erklärte und hatten bis auf gut drei Wochen durchgehend Unterricht gehabt. Wegen der ganzen Corona-Einschränkungen fühle man sich zusätzlich noch als besonderer Jahrgang, meinte ein Schüler. Die komplette Unterrichtszeit lang Maske tragen zu müssen, sei anstrengend gewesen und schwerer als sonst schon. Weniger gelernt allerdings hätte deswegen wohl niemand. Gemischte Gefühle beschlichen Alexander Giehler: „Ein bisschen traurig, die Zeit ist jetzt vorbei.“ Schön sei sie gewesen, aber auch anstrengend. Der 16-Jährige will Fachabitur mit Schwerpunkt Wirtschaft und Verwaltung machen. „Danach ist noch alles offen.“
Benjamin Eidmann aus Schaafheim beginnt eine Ausbildung als Bodenleger und Raumausstatter in Darmstadt. „Ich bin jetzt schon froh, den Unterricht los zu sein. Am meisten werde ich die Leute vermissen.“
Text: Dorothee Dorschel (aus: „Odenwälder Bote“ vom 13.07.2021)
Bilder: Dorothee Dorschel & Ernst-Reuter-Schule